Piratenpartei Niedersachsen zu DAB+, Internetradio und UKW
Die Einstellung der Förderung für das Digitalradio (DAB+) ist ein Rückschritt in der Digitalisierung von Audiosignalen
Ein Gastbeitrag von Susan Frömming, RV Hannover
Der Aussage der FDP, dass DAB+ nur eine „Übergangslösung“ sei und man auf 5G setzen sollte, als „zukunftsträchtigen Übertragungsweg“ [1], können wir Piraten uns aus mehreren Gründen nicht anschließen. Denn man vergleicht Äpfel mit Birnen. DAB+ ist die digitale und barrierearm empfangbare UKW-Variante, erweitert um spezielle Sender. 5G ist ein internetbasierter Standard, der dem DAB+ in Sachen Reichweite nicht das Wasser reichen kann.
Deutschland ist, was die Netzabdeckung allein schon mit 4G angeht noch weit hinter Resteuropa zurückgeblieben. [2] Bis wir flächendeckend 5G nutzen können, werden wohl noch mehrere Jahre, oder bei der bisherigen Ausbaugeschwindigkeit in Sachen Digitalisierung, Jahrzehnte ins Land gehen.
Denn 5G ist im Vergleich zu UKW ein reiner Kurzstreckenfunk. Wirtschaftlich sinnvoll flächendeckend wird es somit nur in Ballungsgebieten aufgebaut werden, für eine Flächenland wie Niedersachsen fatal. So bleiben nur viele Täler der Ahnungslosen zurück. Es bedarf zwar keiner Tausende von Sendemasten mehr, aber die trotzdem zu erstellende Infrastruktur für ein engmaschiges Netz erfordert einen hohen Kostenaufwand.
Mit Blick auf die Mittel aus dem Rundfunkbeitrag, der den öffentlich-rechtlichen Sendern für die Finanzierung von DAB+ zur Verfügung steht, hieß es, dass DAB+ die Schieflage im dualen Rundfunksystem zulasten der Privatsender weiter verschlimmern würde. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Während ARD und ZDF im Digitalradio nicht unbegrenzt expandieren können, sind den Privaten über DAB+ keine Grenzen gesetzt, da sie viel mehr Kapazitäten als über UKW nutzen können, d.h. Digitalradio steht für mehr Vielfalt im Radiomarkt, und die ist unterstützenswert.
Aber wer weiß, vielleicht stehen die entsprechenden finanziellen Mittel bald zur Verfügung. Wenn sich die Konferenz der Ministerpräsidenten darauf einigt, die Rundfunkgebühren in entsprechend notwendiger Höhe festzulegen. Also massiv zu erhöhen. Dann zahlen wieder alle für die Implementierung einer Technik, die keinerlei Vorteile für die Nutzer bringt. Zum Glück ist das, was der niedersächsische Landtag beschlossen hat, ist also bislang nur ein Fingerzeig, mehr nicht. Leider aber auch nicht weniger.
Wie aber wollen wir sonst sicherstellen, dass stets, überall und barrierearm auf das Informationsmedium Radio zugegriffen werden kann? Das geht nur mit einem reichweiten starken UKW-Netz, wie es DAB+ ermöglicht.
Zudem belastet Internetradio unsere Sendemasten im Mobilfunkbereich, was sie schnell an ihre Kapazitätsgrenzen bringen kann, wenn plötzlich alle Nutzer Radio nur noch über das Mobilfunknetz und Mobile Daten abrufen. Wobei wir schon beim nächsten Punkt wären: Internetradio verbraucht Datenvolumen, den die Nutzer bei Ihren Mobilfunkanbietern teuer bezahlen müssen. Somit ist es mal wieder etwas, was der Wirtschaft mehr dient, als den Bürgern. Auch aus Datenschutzgründen ist Internetradio ebenfalls nicht zu empfehlen. Viele Anbieter greifen nutzerbezogene Daten wie z.B. die IP-Adresse des Hörers, Einschalt-/Ausschaltzeitpunkt, User-Agent (Browser, Smartphone App, o.ä.) ab. [3] [4]
Auch einige andere Aussagen lassen sich widerlegen.
So heißt es bspw, DAB+ habe sich „auch nach 20 Jahren“ nicht durchgesetzt, sei „Geldverschwendung“ und lediglich eine „Übergangslösung“. DAB+ wurde in Wirklichkeit jedoch erst 2011 in Deutschland offiziell eingeführt, nachdem zuvor der alte DAB-Standard gescheitert war. Zudem attestiert der Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten stetig steigende Hörerzahlen. Der Anteil von Personen in Haushalten mit Zugang zu mindestens einem DAB+-Gerät stieg von 13 Prozent 2017 auf 15,1 Prozent im Jahr 2018 allein in Niedersachsen. Inzwischen dürfte die 20 Prozent-Marke deutlich passiert sein. Im Landtag Niedersachsens hieß es dagegen, nur jeder Zehnte würde DAB+ nutzen. [5]
Gesundheitliche Risiken für den Menschen durch 5G sind bisher als unzureichend erforscht anzusehen. [6] Darüber hinaus existiert bisher keine entsprechende Infrastruktur für den Sendebetrieb. Und die demnächst entstehende wird weder den öffentlich-rechtlichen noch den Privaten Sendern gehören. Hier stellt sich also die Frage, womit denn eigentlich gesendet werden soll. Jetzt also unbedrängt eine Entscheidung zu treffen, die das Zeug dazu hat, die Informationsfreiheit massiv zu beschränken, ist nicht akzeptabel.
Wir PIRATEN stehen für freie Medien und Märkte. Daher ist es sinnvoll, die letzten Monopole im UKW-Radiomarkt aufzubrechen und auf eine konsequente Digitalisierung dieses Marktes zu setzen. Während das digitale Fernsehen bereits Standard ist, setzt man beim Radio weiter auf Technologie aus dem letzten Jahrtausend, nur um eigene Sendegebiete vor der Konkurrenz zu schützen. Erst wenn ein Ende der UKW-Ära definitiv feststeht, ist der Weg für ein modernes und vielfältiges Radioangebot in Deutschland frei. Wenn es soweit ist, ist 5G eine Geschichte, die man seinen Enkeln an einem Kamin erzählt. Denn UKW wird erst sterben, wenn die heutigen Reichweitenvorteile durch digitale Technologien wirklich schlagbar sind.
Fazit: 5G ist kein Ersatz für DAB+. Es ist bestenfalls eine Ergänzung. Denn die Einsatzgebiete sind vollkommen verschieden.